Dienstag, 20. März 2018

[Buchgedanken] Sam Bourne - Der Präsident

Als die Bürger der USA einen unberechenbaren Demagogen zum Präsidenten wählen, hält die Welt den Atem an. Kaum jemand weiß: Bereits kurz nach Amtsantritt ordnet der Präsident fast einen Atomschlag an, nachdem ein Wortgefecht mit dem Machthaber von Nordkorea aus dem Ruder läuft. Eins ist den Mitwissern klar: Jemand muss etwas unternehmen, oder die Welt steht kurz vor einem dritten Weltkrieg. Ein Attentat scheint der einzige Ausweg ...

Ich hatte von dem Buch in einem BBC-Radiointerview gehört und es mir dann ziemlich direkt nach Erscheinen geholt. Das klingt ja auch einfach zu gut, ein Buch, bei dem die geschilderten Personen so deutlich ihre Vorbilder in der Gegenwart haben, dass selbst die Ausgangssituation - ein zu eskalieren drohender Aatomkonflikt mit Nordkorea - von der Realität eingeholt wurde (als das Buch geschrieben wurde, waren die Tweets noch nicht da). Und das erste Kapitel, in dem dieses sich gegenseitige Provozieren plötzlich überkocht und der Präsident den Knopf drücken will, war extrem spannend und ich dachte mir, was für ein geniales Buch das werden wird.

Dann habe ich weitergelesen.

Leider hat das Buch danach so ziemlich alles verloren, was es am Anfang aufgebaut hat, und das liegt an folgenden Dingen: nervige Personen, übertriebene Darstellung der Vorbilder, sprachliche Verschlechterung und eine Überstrapazierung des Deus ex machina in den letzten dreißig Seiten. Beginnen wir mit Punkt eins und zwei in Kombination. Selbstverständlich sind Donald Trump und Mike Pence hier gemeint (das deutsche Cover ist da noch weniger subtil als das englische) und leider hatte ich ab Kapitel zwei wirklich dauerhaft das Gefühl, dass über dem Kopf dieses Vizepräsidenten und des nicht direkt auftretenden Präsidenten eine Las-Vegas-Leuchtreklame angerbacht ist, die in großen blinkeden Buchstaben mitteilt: "Hier, das ist eigentlich ... Seht ihr, das ist wie ... Hey, habt ihr schon gemerkt, dass ich hier ... meine?" Mit der Zeit wurde das ein wenig sehr langweilig, auch wenn man naürlich am Anfang vor allem sehr fasziniert der Frage nachgeht, was von den ganzen Handlungen vielleicht tatsächlich so stattfindet gerade. Abeer je länger das Buch voranschreitet, desto platter werden diese beiden Figuren gezeichnet und desto mehr sind sie quasi die Teufel in Menschengestalt, nationalistisch, alt-right und sexistisch, Ich hätte nie gedacht, dass ich mal sage, dass ich selbst Trump für subtiler halte als dieses Abziehbild, das mir hier präsentiert wird.
Als Gegenspieler herhalten müssen dann zwei Figuren, die meiner Meinung nach platter nicht sein können: hier der Stabschef, Patriot und der festen Überzeugung, der Welt einen tiefen Dienst zu erweisen, wenn er den Präsidenten beseitigt, und dort Maggie Costello, die Kämpferin für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit, die ihre Stelle nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenen behalten hat, um etwas Gutes tun zu können. Und boah, was nervt mich diese Heldin des Alltags mit ihrem ständigen Selbstzweifel und ihrem beharrlichen "aber wenigstens kann ich versuchen, etwas dagegen zu halten". Beide Charaktere sind mir persönlich einfach nicht sympathsich, weder in ihren Motiven noch in ihren Verhalten, und leider zeigt mir der Autor keinerlei tieferen Ansichten von ihnen. Sie sind oberflächlich gehaltene Antagonsiten, damit ich als Leser möglichst schnell Standpukte verstehe und deren Handlungen akzeptiere, aber genau das bräuchte ich bei deiesem Buch nicht. Ich hätte gerne Leute, die wirklich denken und ihre Handlungen hinterfragen sie schlüssig erklären etc.

Ebenso schablonenartig wie die Figuren entwickelt sich die Sprache im Buch. Vor allem die Dialoge zwischen Ben und dem ausgesuchten Schützen lassen so jeden Elan des Autors vermissen, seine Leser zu fesseln. Aber auch sonst sind Dialoge, die einen wirklichen großen Teil des Buches ausmachen, einfach nicht authentisch, sondern oft sehr klischeelastig, sehr erzählend - allen voran das telefongespräch zwischen Maggie und ihrer Schwester - und einfach nicht überzeugend. Mir fehlte in der Mitte dann fast der Wille zum Weiterlesen, weil ich mich so geärgert habe - Stichwort Emails, die sich dermaßen im Klischee verlieren, dass man glaubt, eine Satire zu lesen.

Ja, und dann das Ende. Ich hab ja nichts dagegen, wenn ein Deus ex machna bedient wird, damit ein Ende geschilddert werden kann, dass den Leser befriesigt zurücklässt. Aber in dem Fall ist es der deus ex deus ex deus ex deus ex machina, eine überrachende "hey, was für ein Zufall"-Wendung nach der anderen, die ein "alles gut, sehr ihr"-Ende herbeizaubert, das einfach nicht realistisch ist. Und darüber ärgere ich mich am meisten, dass Sam Bourne diese Idee in eine Serie eingebaut hat, die dafür gesorgt hat, dass er am Ende alles gut ausgehen lassen muss, um die Serie forsetzen zu können. insgesamt war "Der Präsident" eines der Bücher 2018 über die ich mich beim Lesen wirklich geärgert habe und bei dem ich froh bin, es abgeben zu können.

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